Eine Reizfilterschwäche finden wir bei der Aufmerksamkeitsdefitit-/Hyperaktivitätsstörung ADHS und bei der Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Bei beiden Neurodiversitäten fällt es oft schwer den Fokus zu halten. Klienten mit ADHS sagen oft zu mir: „Mein Kopf ist wie eine Waschmaschine“.(gelb, blau, rot…) Menschen aus dem autistischen Spektrum sagen mir immer wieder, dass ihr „innerer Turm“ wackelt bei zu vielen Außenreizen. Es kommen zu viele Informationen über die Augen, die Nase, die Haut und die Ohren. Die Reizfilter sind überlastet, die Arbeitsspeicher verstehen die Botschaft nicht genau oder sie geht verloren im Universum der neuronalen Normvariante. Wir verstehen, dass es dann manchmal schwer fällt eine zielgerichtete Handlung auszuführen. Menschen mit ASS verfangen sich regelrecht in Gedankenschleifen, aus denen es kaum ein Entrinnen gibt. Im therapeutisschen Prozess suchen wir immer wieder nach Strategien, um doch den Fokus halten zu können. Weiterhin ist die Sensorik oft beeinträchtigt. Nicht selten essen Menschen mit ASS nur sehr selektiv; mögen bestimmte Konsistenzen nicht im Mund und haben ein anderes Schmerzempfinden oder mögen bestimmte Stoffe nicht auf ihrer Haut. Bei ADHS ist es eher ein zu viel essen, um sich zu beruhigen oder besser fokussieren zu können. Beide profitieren beispielsweise oft von einer therapeutischen Schweredecke, welche eine postive Wirkung auf das ZNS hat. Sie spüren wo sie anfangen und wo sie aufhören, damit ist bei vielen Menschen Enspannung verbunden. Eine weitere Überlappung ist das hohe soziale Bewusstsein. Ein Bewusstsein, das geprägt ist von wunderbaren Werten. Nicht selten finden wir neurodiverse Menschen grad in Bereichen wie den Tierschutz oder den Umweltschutz. Außerdem finden wir oft eine besondere Art der Kreativität. Es braucht wohl diese Art von Informationsverarbeitung, um innovativ und außerhalb von angelesenem Wissen denken zu können. Ich als Therapeutin sitze oft da und denke, von diesen Menschen gerne mehr in unserer Gesellschaft. Für die Betroffenen kann es natürlich nicht nur und in seiner Ausschließlichkeit als Geschenk gesehen werden. Wer sein Leben lang versucht sich anzupassen, dem geht manchmal die Puste aus. Oft benötigt das Außen eine Passung und es muss unterschieden werden, wo muss ich Masking betreiben und wo mute ich mich zu und bringe unerschrocken mein Sein in die Gesellschaft. Seid mutig und mutet euch zu. Wir brauchen ADHS und ASS! Wenn anders sein keine Bedrohung mehr ist und wir dem mit Offenheit, Wohlwollen, Neugierde und Unterstützung begegnen können, dann sind wir in einer besseren Welt. Lasst uns aufbrechen. Eure Anja Kunz aus Berlin
April 21